Fahrplanwechsel bringt nur einzelne Verbesserungen – viel zu wenig für Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030

Der Fahrgastverband PRO BAHN zeigt sich erfreut über einzelne Verbesserungen, die der Jahresfahrplan 2024 – gültig ab Sonntag, 10.12.2023 – auf der Schiene für Niedersachsen und Bremen mit sich bringt, ist aber insgesamt enttäuscht darüber, dass es keine größeren Verbesserungen gibt. Im Wesentlichen bleibt es im Schienenverkehr im Nordwesten beim Status quo; für die gewünschte Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 ist das viel zu wenig. Hier sind mutigere Schritte nötig.

Entgegen den Jubelmeldungen der Deutschen Bahn vom Oktober 2023 sind gerade auch im Fernverkehr nur sehr überschaubare Verbesserungen erkennbar. Auf den Hauptstrecken von Hamburg über Bremen und Osnabrück ins Ruhrgebiet bzw. über Hannover und Göttingen in Richtung Süddeutschland tut sich kaum etwas. Als wirklich positiv und zukunftsweisend bewertet PRO BAHN einzig die Anpassungen und Taktverdichtungen auf der Ost-West-Achse von Amsterdam und Rhein/Ruhr nach Berlin.

Dadurch ergibt sich von Hannover nach Berlin erstmals täglich ein ungefährer Halbstundentakt; auch Bielefeld wird mindestens zweimal stündlich mit Fernzügen aus Hannover erreicht. Zu den Zielen westlich davon ergeben sich ebenfalls mehr Verbindungen, jedoch wird aufgrund der chronischen Überlastung dieser Strecke die Pünktlichkeit der Züge schlecht bleiben. Niedersachsen, das die dringend benötigte Neubaustrecke Hannover – Bielefeld blockiert, sei Dank!

Im Regionalverkehr ist das Bild leider auch durchwachsen. Lediglich auf einigen wenigen Strecken wird das Angebot verbessert:

  • Hildesheim – Braunschweig – Wolfsburg: Nach Fertigstellung der zweigleisigen Weddeler Schleife im März 2024 wird auf dem Abschnitt Hildesheim – Braunschweig in der Hauptverkehrszeit von Montag bis Freitag nun ein Halbstundentakt angeboten, im östlichen Abschnitt bis Wolfsburg fahren die Züge sogar täglich von früh bis spät halbstündlich.
  • Rheine – Osnabrück – Löhne: Aufgrund der veränderten Taktlage der Fernzüge Amsterdam – Berlin wird eine zweistündliche zusätzliche Regionalexpress-Linie (RE 62) mit bis zu 9 täglichen Zugpaaren eingeführt, die die Reisekette auf der Relation nach Hannover sicherstellt und auch Halte wie Melle bedient, wo der IC durchfährt. Kritisch könnte hingegen die begrenzte Platzkapazität im gut ausgelasteten RE 70 nach Hannover und Braunschweig sein, auf den in Löhne umgestiegen werden muss.
  • Uelzen – Salzwedel: Hier wird neu ein durchgehender RE-Stundentakt Uelzen – Salzwedel – Stendal – Magdeburg eingeführt. Die Züge halten zwischen Uelzen und Salzwedel auf allen Stationen, so dass sich einerseits die Anbindung Ostniedersachsens und andererseits die Reisekette Hamburg – Uelzen – Stendal – Magdeburg im schnellen Regionalverkehr deutlich verbessert.
  • Stade – Hamburg: Der S-Bahn-Takt wird um weitere zwei Stunden auf 20 Minuten ab Stade bzw. 10 Minuten ab Buxtehude verdichtet und bietet damit bessere Verbindungen in die Elbmetropole.
  • Wilhelmshaven – Oldenburg: Die Regio-S-Bahn wird ab Juli von Bremen bis Wilhelmshaven durchgebunden und ersetzt die bisherigen Verstärkerfahrten; das erhöht den Reisekomfort. Bis auf zwei weitere Zugpaare an Sonnabenden bleibt das Angebot aber unverändert.

An einzelnen Stellen gibt es sogar Verschlechterungen: So entfallen zum Fahrplanwechsel die letzten Fernverkehrshalte im Leinetal ersatzlos, womit sich die Verbindung nach Hannover für viele Pendler auch aus Richtung Solling und Südharz deutlich verschlechtert. Hier hätten wir uns wenigstens zusätzliche Verstärkerzüge im Regionalverkehr zwischen Göttingen und Hannover gewünscht.

Auf den anderen Strecken hingegen tut sich – von Änderungen im Minutenbereich abgesehen – so gut wie nichts. Auch geht zum wiederholten Mal weder ein neuer Bahnhof noch eine neue Strecke in Betrieb. Das bescheidene Angebot an vom Land finanzierten, sogenannten landesbedeutsamen Buslinien verbessert sich kaum und ist weit davon entfernt, ein echtes ergänzenden Netz zum Schienenverkehr zu bilden. Lediglich zwischen Vechta und Cloppenburg kommt eine neue Linie hinzu, die den bis dato desolaten Nahverkehr zwischen beiden Mittelzentren deutlich aufwertet.

Die dringend benötigten Taktverdichtungen im Regionalverkehr auf den Hauptstrecken zwischen Hamburg, Bremen und Hannover sowie zwischen Hannover und Göttingen bzw. Bad Harzburg oder Oldenburg und Osnabrück werden noch lange auf sich warten lassen. Oft fehlt es dafür schlicht an Streckenkapazität, und für die nötigen Ausbaumaßnahmen fehlt – gerade nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts – das Geld.

Geld fehlt aber auch für die Bestellung des Regionalverkehrs: „Die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern überweist, brauchen dringend einen Inflationsausgleich und müssen auch darüber hinaus turnusmäßig deutlich stärker erhöht werden“, fordert Malte Diehl, PRO-BAHN-Landesvorsitzender für Niedersachsen und Bremen. „Gleichzeitig muss vor allem Niedersachsen auch die eigenen Mittel für den Schienenverkehr erheblich aufstocken, gerade mit Blick auf die gewünschten Reaktivierungen, die im Betrieb erhebliche Mittel benötigen werden. Das Regionalisierungsgesetz sieht zwar einerseits Zahlungen vom Bund an die Länder vor, verlangt aber von den Ländern bereits in Paragraph 1, sich angemessen zu beteiligen. Wenn also nicht auch das Land Niedersachsen zu mehr finanziellem Engagement bereit ist, wird sich der Marktanteil der Eisenbahn hier nicht erhöhen können. Stand jetzt bleibt Niedersachsen bei den landeseigenen Finanzmitteln pro Kopf das Schlusslicht in Deutschland.“

Konkret fordert der Fahrgastverband einen Halbstundentakt im Regionalverkehr als Standard auf allen bedeutenden Verbindungen und einen täglichen Stundentakt auf allen Strecken als absolutes Mindestangebot sowie besonders mit Blick auf den Fernverkehr konkrete Schritte zur Realisierung des Deutschlandtaktes. Die S-Bahn-Takte rund um Bremen und Hannover müssen ebenfalls verdichtet werden; das Ziel müssen hier Taktfolgen von 15 Minuten und weniger im Kernbereich sein. Im Busverkehr wird ebenfalls ein flächendeckendes Netz mit mindestens stündlichem Angebot von früh bis spät an allen Wochentagen benötigt, das Lücken im Eisenbahnnetz überbrückt.

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