Bereits seit dem vergangenen Jahr herrscht bei Metronom eine so große Personalnot, dass man einen Notfahrplan auf dem ausgedehnten Streckennetz zwischen Bremen, Hamburg, Hannover und Göttingen fahren muss. Nachdem man damit gescheitert ist, den Personalmangel zu reduzieren und wieder zum normalen Fahrplan zurückzukehren, stößt man die Fahrgäste nun umso heftiger vor den Kopf: Statt Verbesserungen wird der Fahrplan nochmals reduziert. Auf der Strecke Hannover – Göttingen kann an Wochenenden nicht einmal der Stundentakt gehalten werden, was katastrophale Auswirkungen auf die zahlreichen Anschlussverbindungen in der Region hat. Der Fahrgastverband PRO BAHN hat alle Ausfälle gegenüber dem eigentlichen Regelfahrplan zusammengezählt und kommt auf die Größenordnung von ca. 20.000 Zugkilometern pro Woche.
„Die Situation ist für die Fahrgäste besonders im Zulauf auf Hamburg und im Leinetal, wo die Ausfälle am gravierendsten sind, katastrophal. Das Metronom-Management hat versagt“, konstatiert Malte Diehl, Vorsitzender von PRO BAHN in Niedersachsen und Bremen. „Das auch noch in einer Pressemitteilung mit den Attributen ‚ehrlich‘ und ‚stabil‘ zu umschreiben, ist äußerst dreist. Dabei stimmt nicht einmal der herunterladbare Ersatzfahrplan, denn hier fehlen Stand heute die kurzfristig eingerichteten zusätzlichen Fahrten von DB Start zwischen Winsen und Hamburg-Harburg.“
Der Fahrgastverband PRO BAHN fragt sich, wie es sein kann, dass andere einst von Personalnot geplagte Unternehmen wie etwa DB Start Niedersachsen-Mitte mittlerweile wieder zuverlässig fahren und keinen Notfahrplan mehr brauchen. Ebenfalls steht die Frage im Raum, ob Metronom nicht fähig oder nicht willens war, die offensichtlichen Lücken durch streckenkundige Leihlokführer aufzufüllen. Dass diese Einschränkungen nun bis Fahrplanwechsel gelten sollen, ist ein Eingeständnis des eigenen Scheiterns und wird viele Reisende ins Auto zurücktreiben – bei dieser Bahn ist nichts stabil außer dem Mangel. Auf ein solches Eisenbahnverkehrsunternehmen ist kein Verlass – daher kann man in Zukunft gut darauf verzichten!
Neben einzelnen Ausfällen auf anderen Streckenabschnitten fallen unter der Woche vor allem im Hamburger Vorortverkehr sämtliche Verstärkerfahrten aus. Vielen Pendlern von und nach Hamburg wird somit jeden Tag bis zu einer Stunde gestohlen, wenn sie frühere oder spätere Züge nehmen müssen. Eine ausschließlich stündliche Bedienung der Vorortbahnhöfe ist geradezu lächerlich. Wenn dann noch, wovon nach den bisherigen Erfahrungen auszugehen ist, auch ein Zug im „stabilen Fahrplan“ ausfällt, kommt man zwei Stunden lang nicht von Halten wie Hittfeld oder Radbruch nach Hamburg oder zurück. Unzumutbar, wenn man bedenkt, dass für eine Strecke solcher Bedeutung im Pendlerverkehr eigentlich eine Bedienung aller Halte alle 20 Minuten angemessen wäre. PRO BAHN erwartet, dass Metronom und Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen als Aufgabenträger (LNVG) alles tun, damit es zu dieser Situation hier und anderswo im Netz nicht auch noch kommt.
Am Wochenende trifft es die Leinetalbahn besonders hart: Jeder dritte Zug, insgesamt sieben Verbindungen je Richtung, fällt aus, wofür es nicht einmal adäquaten Busersatz gibt. Das hat schwerwiegende Folgen für das gesamte Fahrplangefüge. Entlang der Strecke werden regelmäßig Anschlüsse in Elze, Kreiensen, Einbeck und Northeim hergestellt. Auf den anschließenden Strecken wird teilweise aber nur alle zwei Stunden gefahren. Malte Diehl erläutert: „Fällt jetzt Samstag und Sonntag jeder dritte Zug im Leinetal aus, bedeutet das, dass bestimmte Verbindungen nur noch alle vier Stunden funktionieren, etwa der Anschluss von und nach Holzminden oder nach Bodenfelde. Das ist völlig unzumutbar. Wie soll man unter solchen Bedingungen, zu denen noch die üblichen Störungen hinzukommen, die Nutzung der Eisenbahn empfehlen?“ Zudem fällt auf allen Strecken von Metronom ein Großteil des Nachtverkehrs dem Streichkonzert zum Opfer.
Der Fahrgastverband fordert angesichts der fortgesetzten Misere entschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Hier muss auch die LNVG als verantwortlicher Aufgabenträger eine energischere Rolle als bisher spielen. Rücksicht auf Metronom darf nicht mehr genommen werden. Es muss hinterfragt werden, inwieweit für eine solche Verschärfung der Situation in Hannover genügend Vorkehrungen getroffen wurden oder ob man zu sehr auf Ankündigungen von Metronom vertraut hat. Konkret fordert PRO BAHN:
- Zwischen Hamburg und Lüneburg sollte wie gegen Ende 2023 wieder der Fernverkehr für die Nutzung mit Nahverkehrsfahrkarten freigegeben werden.
- Die ausfallenden Leistungen im Hamburger Vorortverkehr sollten möglichst schnell durch Unternehmen mit verfügbaren Kapazitäten ersetzt werden.
- DB Start sollte weitere Fahrten in Verlängerung der Unterelbebahn zwischen Harburg und Winsen anbieten.
- Einige Züge der Heidebahn könnten in der Hauptverkehrszeit über Buchholz hinaus mindestens bis Hamburg-Harburg verlängert werden, wie dies bislang schon am Wochenende geschieht.
- Dritte Unternehmen sollen nach Möglichkeit mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Personal weitere Lücken schließen, wie es bei der S-Bahn Hannover erfolgreich praktiziert wurde.
- Der Stundentakt am Wochenende im Leinetal muss umgehend wiederhergestellt werden. Da Metronom hierzu offenbar nicht in der Lage ist, müssen auch hier gegebenenfalls Ersatzgarnituren mit Ersatzlokführern beschafft werden.
- DB Regio kann zwischen Kreiensen und Göttingen zusätzliche Triebwagen an die Verbindungen der Linien RB 80 und RB 82 ankoppeln, um möglichst allen Reisenden einen Platz zu bieten. Dies darf nicht länger verhindert, sondern muss umgehend genehmigt werden.
Wir erwarten, dass hier unbürokratisch vorgegangen wird und das Interesse der Fahrgäste an erste Stelle gestellt wird. Sollte dabei gegen den bestehenden Verkehrsvertrag mit Metronom verstoßen werden müssen, sollte das Land das finanzielle Risiko eingehen – denn Metronom ist offenbar seit langem nicht in der Lage oder willens, seine Verpflichtungen vollumfänglich zu erfüllen. Das Risiko einer möglichen Schadensersatzklage steht hier in keinem Verhältnis zu dem tatsächlich eintretenden volkswirtschaftlichen Schaden, den tausende Fahrgäste tagtäglich durch Metronom erleiden.