Zur Vorstellung der Vorzugsvariante der Neubaustrecke Hamburg – Hannover
Der Fahrgastverband PRO BAHN begrüßt, dass heute nach langem Warten das Ergebnis der Vorplanung für die Eisenbahn-Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover vorgestellt wurde. Auch die getroffene Entscheidung für eine Trasse entlang der Autobahn A7 und der Bundesstraße B3 wird vom Fahrgastverband PRO BAHN ausdrücklich unterstützt. Dieser Trassenverlauf vorbei an Soltau und Celle, das aber über eine Verbindungskurve angebunden wird, bietet aus Sicht des gemeinnützigen Fahrgastverbandes die besten Entwicklungsmöglichkeiten für die Region und für das Land Niedersachsen und ermöglicht weit mehr als den Halt einzelner ICEs mitten in der Heide.
Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht in der lange zurückgehaltenen offiziellen Veröffentlichung der bereits durchgesickerten Ergebnisse des Planungsprozesses den Willen des neuen Bundesverkehrsministers Schnieder, die Beseitigung von Engpässen im deutschen Schienennetz ernsthaft anzugehen und die erforderlichen Aus- und Neubaumaßnahmen auf den Weg zu bringen. „Wir haben den Planungsprozess intensiv verfolgt, und auch unsere Analyse ergibt, dass kein Weg am Bau zwei neuer Gleise zwischen Hamburg und Hannover vorbeigeht,“ erklärt Malte Diehl, Vorsitzender des PRO-BAHN-Landesverbandes Niedersachsen/Bremen.
„Alle Alternativen, die bisher diskutiert wurden, hätten die Ansprüche der Verkehrsnachfrage für das Jahr 2040 nicht erfüllen können. Das gilt erst recht für den abschnittsweisen Bestandsausbau gemäß Alpha-E. Die Nachfrage sowohl nach Trassen für Güterzüge wie auch nach einem besseren, zuverlässigeren Angebot im Regionalverkehr und mehr schnellen Hochgeschwindigkeitszügen ist schon heute höher als laut den Prognosen, die im Jahr 2015 der Bürgerbeteiligung und deren Ergebnis Alpha-E zugrunde lagen.“ PRO BAHN weiß aus sehr konkreten Beispielen etwa, dass Unternehmen ihre Fracht mit Lastwagen über die Autobahn schicken müssen, weil es keine freien Trassen für Güterzüge über Lüneburg mehr gibt.
Besonderen Wert legt PRO BAHN auf die Feststellung der Deutschen Bahn, dass ein Neubau sich in sehr viel kürzerer Zeit umsetzen lasse als ein Bestandsausbau. „Ein Neubau, der nicht ständig auf vorhandene Gleise und laufenden Betrieb Rücksicht nehmen muss, ist bis zu 20 Jahre schneller umsetzbar“, erklärt Vorsitzender Diehl. „Der Bestandsausbau würde hingegen wie im Rheintal über weitere Jahrzehnte andauern und viele Probleme mit sich bringen.“
Neue Entwicklungschancen für Niedersachsen
Das heute vorgestellte Ergebnis des Trassenvergleichs für die Neubaustrecke Hamburg – Hannover deutet bereits die weiteren Chancen für die Region zwischen Heide und Aller an, welche sich aus der Trassenführung ergeben. Schon lange hat PRO BAHN einen Regionalexpress Hamburg – Hannover mit Zwischenhalt in bei Soltau, in Bergen und in Celle gefordert – jetzt wurde er auch in die offiziellen Planungen von Bund und Land (vgl. LNVG-Konzept 2030+ und 2040+) übernommen. Dadurch wird die Fahrzeit mit der Bahn aus dem Heidekreis nach Hannover auf vielen Relationen mehr als halbiert. Die Notwendigkeit, das Auto zu benutzen und im Stau steckenzubleiben, entfällt für viele Bewohner der Region. Weitere Halte, etwa Bispingen oder Garlstorf, wären denkbar; hier sollte das Land aktiv auf die Bahn zugehen, um die ländliche Region möglichst gut zu erschließen.
„Den Vorschlag einer solchen Erschließung der Region haben wir mit Erfolg in die Planung eingebracht und uns dabei an Vorbildern in Bayern und Baden-Württemberg orientiert“, erklärt Malte Diehl. „Wir haben bereits geprüft und dargestellt, wie sich der öffentliche Verkehr und vor allem der Verkehr zu den touristischen Anziehungspunkten im Heidekreis neugestalten lässt. Wir sehen die Chance, dass beispielsweise nicht jeder mit seinem eigenen Auto zum Heidepark anreisen und die Straßen der Region verstopfen muss. Der sanfte Tourismus bekommt damit einen völlig neuen Stellenwert. Wir können uns durchaus vorstellen, dass auch Fernzüge dafür einen Zwischenhalt in der Heide einlegen, wie es bereits für den Freizeitpark in Rust am Oberrhein der Fall ist.“
Die Wirkungen von zwei neuen Gleisen abseits der historischen Streckenführung gehen nach Analyse von PRO BAHN weit über das hinaus, was die Landespolitik in Hannover bisher wahrgenommen hat, betont Diehl. „Wir sehen auch die Chance, durch geschickte Verlagerung im Schienennetz mehr Fernverkehrszüge von der Landeshauptstadt Hannover nach Bremen und bis nach Wilhelmshaven oder Bremerhaven möglich zu machen. Eine solche Forderung wird von der Landespolitik und aus Nordwest-Niedersachsen schon lange erhoben, und wir hoffen, dass Landesverkehrsminister Tonne diese Chancen erkennt und in die Landespolitik einbringt. Andere Bundesländer haben längst ihre Möglichkeiten genutzt, solche Vorschläge in den Deutschlandtakt einzubringen, und der Fahrgastverband PRO BAHN steht bereit, mit Realismus und Sachkunde die Berechtigung dieser Forderungen zu begründen und an ihrer Umsetzung mitzuarbeiten.“
Die Bestandsstrecke über Lüneburg, Uelzen und Celle wird durch die Neubautrasse gleichzeitig erheblich von durchfahrendem Fern- und Güterverkehr entlastet, so dass endlich Raum für die langersehnten zusätzlichen Regionalzüge dort geschaffen wird, namentlich den RE-Halbstundentakt auf der Gesamtstrecke und bis zu sechs stündliche Regionalzüge pro Richtung zwischen Lüneburg und Hamburg. Gleichzeitig bleiben alle drei Mittelzentren an den Fernverkehr angeschlossen. Celle soll dank der Verbindungskurve zur Neubaustrecke sogar alle zwei Stunden eine schnelle Direktverbindung mit Fernzügen in nur 40 Minuten nach Hamburg erhalten.
Niedersächsische Landespolitik muss sich bewegen
Der Fahrgastverband PRO BAHN weist ausdrücklich daraufhin, dass mit dem Abschluss der Vorplanung und vergleichenden Untersuchung der Trassen in Details der örtlichen Ausgestaltung nicht das letzte Wort gesprochen ist. Wir wissen, dass die Planer der DB InfraGo im Auftrag des Bundes mit äußerster Sorgfalt und bestmöglicher Fachkunde die ökologischen Interessen und die Interessen der Anlieger beachtet haben, um sie mit den technischen Bedingungen des Eisenbahnbetriebs und dem Auftrag des Bundes in Einklang zu bringen. Landesvorsitzender Diehl ergänzt dazu: „Der Landespolitik in Niedersachsen, die jeglichen Neubau bislang grundsätzlich blockiert, sollte bewusst sein, dass die Bundesregierung mit dem Planungsauftrag Interessen wahrzunehmen hat, die von Bayern und Nordrhein-Westfalen bis nach Dänemark reichen, und dass es sich bei dem Neubauprojekt um eine notwendige Maßnahme im Zuge mehrerer transeuropäischer Verkehrsachsen handelt. Wir hoffen daher, dass Niedersachsen die eigenen Chancen wahrnimmt, die die Entwicklung der Verkehrsachsen der transeuropäischen Netze für das eigene Land bietet.“