Fernverkehr 2026: Etwas Licht, deutlich mehr Schatten – Bund muss weiteren Rückzug aus der Fläche verhindern!

PRO BAHN zum Fernverkehrsfahrplan 2026 der Deutschen Bahn

Am 14.12.25 findet der jährliche Fahrplanwechsel statt. DB Fernverkehr hat ihre Pläne jüngst in verschiedenen Pressemitteilungen vorgestellt, die naturgemäß die Verbesserungen hervorheben. Der Fahrgastverband PRO BAHN hat sie analysiert, auch zwischen den Zeilen gelesen, und kommt daher zu einem sehr gemischten Urteil.

„Die Deutsche Bahn zeichnet immer noch für weit über 90 Prozent des Fernverkehrs auf deutschen Schienen verantwortlich und ist damit quasi Monopolist. Mit den jetzt vorgestellten Änderungen zum Fahrplanwechsel setzt sie den Trend zur Konzentration auf die großen Magistralen fort, während die Fläche gleichzeitig vernachlässigt wird, weil die Halte und Linien, die kleinere Bahnhöfe erschließen, sich nicht lohnen“, umreißt Malte Diehl, Landesvorsitzender für Niedersachsen und Bremen, die Änderungen. „Aber selbst zwischen Hamburg und Hannover verschlechtert sich bei genauem Hinsehen das Angebot, weil die Deutsche Bahn sparen muss – die zusätzlichen Sprinter-Züge können das nicht aufwiegen. Wir erneuern deswegen unsere Forderung, dass der Bund stärker in die Rolle eines Aufgabenträgers für den Fernverkehr einsteigt und wie im Regionalverkehr die Verluste ausgleicht, damit keine weiteren Ausdünnungen stattfinden.“

Die Deutsche Bahn hat in ihrer Pressemitteilung vom 26.09.25 für Niedersachsen und Bremen verschiedene Neuerungen hervorgehoben, die wir im Folgenden aus Fahrgastsicht einordnen:

Halbstundentakt Hamburg – Hannover – Kassel und Göttingen – Frankfurt – Mannheim: PRO BAHN unterstützt grundsätzlich auf den wichtigsten Achsen einen Halbstundentakt mit einheitlichen Halten – dies ist ein integraler Bestandteil des Deutschlandtakts, damit die wichtigen Umsteigebahnhöfe in den Großstädten möglichst oft mit dem Schnellverkehr erreicht werden können und keine langen Wartezeiten – gerade auch bei Anschlussverlusten – entstehen. Der Verzicht auf Zusammenführen und Trennen der Züge nach bzw. von Bremen und Hamburg in Hannover wird erfahrungsgemäß die Störanfälligkeit senken.

Geänderte Direktverbindungen für Wolfsburg, Braunschweig, Hildesheim und Göttingen: Der Wegfall einzelner Verbindungen zwischen Hannover, Braunschweig und Magdeburg ist inakzeptabel und wird verschiedene Anschlüsse, die auf einen durchgehenden Stundentakt auf dieser Verbindung angewiesen sind, kappen. Die als Verbesserung angepriesene Direktverbindung zum Frankfurter Flughafen (6:59 Uhr ab Braunschweig) ist in Wahrheit eine Verschlechterung, da in dieser Zeitlage bislang der ICE 593 über Frankfurt Hbf weiter nach Mannheim, Stuttgart, Augsburg und München fährt. Die Zahl der Direktverbindungen ab Braunschweig und Hildesheim sinkt in Summe also.

Mehr Sprinter Hamburg – Hannover – Frankfurt: Die Fahrzeit der drei Sprinter wird nur um ca. 10 Minuten unter jener der „normalen“ ICE-Direktverbindungen auf dieser Strecke liegen, insofern ist dies ein sehr geringer Vorteil. Gleichwohl sind diese zusätzlichen Verbindungen aufgrund des sehr hohen Fahrgastpotentials auf dieser Strecke wichtig und notwendig. Was hier aber verschwiegen wird: Die bisherige Linie von Hamburg über Hannover, Kassel und Gießen nach Frankfurt und Karlsruhe entfällt nördlich von Hannover ersatzlos. Es fahren also in Summe sogar weniger Fernzüge zwischen beiden Ballungsräumen. Eine echte Verschlechterung, gegen die wir protestieren, gerade auch weil diese Linie bislang die Mittelzentren Lüneburg, Uelzen und Celle schnell und umsteigefrei miteinander verband.

Lüneburg, Uelzen, Celle: Vereinheitlichung der Zwischenhalte: Dass Lüneburg im Stundentakt an den ICE-Verkehr angebunden wird, wertet den Knoten deutlich auf. Uelzen und Celle werden aber durch den strikten Zwei-Stunden-Takt wohl einige Halte abgeben müssen. Hier verkehren bislang meist 12-13 Fernzüge pro Tag und Richtung, nach dem DB-Konzept dürften 8-9 verbleiben – auch das eine klare Verschlechterung. Zudem halten die Züge anders als die bisherige Linie über Gießen nicht mehr an allen drei Mittelzentren nacheinander. So verbleibt nur der stündliche, deutlich langsamere Metronom, wenn man von Lüneburg beispielsweise nach Celle fahren möchte. Hier geht etwa ein Drittel der Verbindungen zwischen diesen Mittelzentren verloren. Die Fahrzeit verlängert sich von ca. 40 Minuten auf gut 70 Minuten. Die Bahn verliert massiv an Attraktivität. Die Halte in Bad Bevensen und Langenhagen werden ersatzlos gestrichen, anstatt sie attraktiver zu gestalten. Gegen all das muss die lokale Politik unbedingt protestieren und einen angemessenen Ersatz einfordern.

Sprinter Hamburg – Köln systematisiert: Die Sprinter sind angesichts der hohen Nachfrage im Direktverkehr Hamburg – Rhein/Ruhr sinnvoll, auch ohne Zwischenhalt zwischen Hamburg und Essen, um die Fahrzeit möglichst kurzzuhalten. Sie betreffen Bremen und Niedersachsen daher nicht.

Hamburg – Bremen – Osnabrück – Köln: durchgehend ICE, neue Ziele, neue Fahrzeuge: Die Umstellung der letzten Züge auf ICE 4 bringt einen Komfortgewinn und mehr Sitzplätze – das ist erst einmal positiv. Gleichzeitig steigt aber auch der Fahrpreis, da ICEs teurer sind als ICs. Die Zahl der Züge bleibt insgesamt gleich, nur die Fahrtziele ändern sich in einzelnen Fällen. Es handelt sich also um ein Nullsummenspiel aus Fahrgastsicht.

Neue Direktverbindungen für Bremen, Oldenburg und Delmenhorst: Die drei ICE-Direktverbindungen nach Berlin und Frankfurt/Karlsruhe sind für die Reisenden auf diesen Routen eine erhebliche Verbesserung, allerdings auf Kosten der bislang zweistündlichen Direktverbindungen nach München. Aller Voraussicht nach wird in Oldenburg und Delmenhorst sogar ein ICE weniger halten, weil der bisher nur in dieser Richtung verkehrende abendliche ICE von Frankfurt zugunsten des neuen Zugpaars entfallen dürfte. Verden und Nienburg verlieren ebenfalls ihre Direktverbindung nach Berlin. Da die Bremer ICEs zwischen Kassel und Frankfurt nicht die Schnellfahrstrecke benutzen, sondern über Gießen und Marburg fahren, werden auf die Fahrzeit fokussierte Fahrgäste weiterhin unterwegs umsteigen. Nicht erwähnt wird auch, dass ab dem 01.05.26 für zehn Wochen jeglicher IC-Verkehr zwischen Bremen und Hannover ausgesetzt wird, weil währenddessen infolge der Sperrung zwischen Hannover und Hamburg zahlreiche Züge über Verden umgeleitet werden müssen; eine klare Verschlechterung dank unterlassener Streckenausbauten. Eigentlich müsste auch zwischen Bremen und Hannover ein Halbstundentakt im Fernverkehr angeboten werden. Dazu fehlen aber die Kapazitäten.

Wozu sich die Pressemitteilung gar nicht äußert: Wie bereits unser Regionalverband Südniedersachsen meldete, wird der beliebte IC Königsee, der jahrzehntelang eine wichtige Direktverbindung in die Alpen herstellte, gestrichen. Er passt nicht ins Konzept der schnellen Direktverbindungen zwischen den Metropolen. Die Verbindungen an die Nordseeküste werden ebenfalls ausgedünnt. Es entfällt wie auch andere Verstärkerzüge das ICE-Zugpaar 1014/1015, das Stuttgart mit Norddeich verbindet. Auch einzelne Fahrten des regulären Zwei-Stunden-Takts der IC-Linie Norddeich – Köln werden gestrichen. Langfristig dürfte diese Linie insgesamt gefährdet sein, obwohl sie Bestandteils des Deutschlandtakts ist. Emsland und Ostfriesland könnten somit weitgehend vom Fernverkehr abgehängt werden.

„Wir brauchen in einem Flächenland wie Niedersachsen auch weiterhin einen verlässlichen, vertakteten Fernverkehr unterhalb des teuren ICEs, der nur die Großstädte anbindet. Der Regionalverkehr reicht für eine angemessene, attraktive Anbindung, die alle Reisenden anspricht, nicht aus“, betont Landesvorsitzender Diehl. „Der Trend geht offensichtlich von der Bedienung der Fläche weg. Mehrere Halte verlieren ihren Fernverkehr komplett, anderswo werden Angebote im ländlichen Raum ausgedünnt. Grund ist die fehlende Rentabilität. Minister Schnieders neue Bahnstrategie fokussiert sich auch auf einen kostendeckenden Fernverkehr, lässt aber jeglichen Ansatz vermissen, wie er auch in der Fläche gesichert werden kann. Das muss sich ändern, denn auch Fernverkehr gehört zur Daseinsvorsorge.“

Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert bereits seit mehreren Jahren, dass der Bund endlich seiner Verantwortung für einen flächendeckenden Fernverkehr in Deutschland gerecht wird. Dazu gehört ein Bundesaufgabenträger, der wie im Regionalverkehr bestimmt, wo welche Fernzüge fahren, und diese Leistungen ausschreibt. Das ist auch zwingend notwendig für den Deutschlandtakt, in dem viele vertaktete Anschlüsse auf den Fernverkehr ausgerichtet sind. Sie können aber nur funktionieren, wenn nicht ständig willkürlich Fernverkehrstakte ausgedünnt oder gestrichen werden können. Minister Schnieder und die Bundesregierung müssen dies endlich erkennen und die Bahnstrategie entsprechend ergänzen. Profit ist im Fernverkehr nicht alles!

Ein Kommentar

  1. Schade, die Stadt Wilhelmshaven, einziger deutscher Tiefwasserhafen, größter Marinestützpunkt in Deutschland, Zugangsstrecke zu den Inseln Wangerooge, Spiekeroog und Langeoog, wird sich wohl keine Hoffnungen mehr machen können, auf eine IC-Verlängerung bzw. Anschluss !
    Dafür wird zum Fahrplanwechsel der „DB-Tidebus“ von Sande nach Harlesiel endgültig eingestellt !!
    Der RE 1 Hannover-Wilhelmshaven kommt als letztes, in gekürzter Version, aber wann weiß keiner ! ?
    Der Mittelbahnsteig in Sande ist zum Streitobjekt zwischen der DB InfraGO AG und der LNVG geworden, letztere scheint wohl bei der Zeitraum einzuknicken !
    Nur der Güterverkehr floriert auf der ausgebauten und elektrifizierten Strecke !

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